Anstrengende Tage liegen hinter uns. Seit Dienstag husteten die
Kinder mit rasselnder Brust, Samuels Fieber stieg und stieg (was wenigstens seiner
Laune, Gott sei Dank, zunächst nicht schadete) und Noemi kannte nur noch zwei
Zustände: Schlafen oder Heulen. Gestern hatten wir dann auch noch die
Schwiegereltern zu Besuch, was an sich ja nett war, aber eben vor allem eins:
anstrengend. In der zurückliegenden Nacht schlief eigentlich nur unsere
Tochter gut, während Samuel brüllte und Schleim erbrach und sich einfach nicht
beruhigte. Da verlor ich irgendwann die Nerven, todmüde und entnervt wie
ich war, schrie meinen Sohn an und verfrachtete ihn in die Arme seines Vaters,
weil ich einfach nicht mehr konnte.
Der Morgen begann wie die letzten Stunden der Nacht
geendet hatten, mit Geschrei und Hilflosigkeit, mit Heulen und unendlicher
bleierner Müdigkeit, die jede Selbstkontrolle lahmlegt. Noch vor dem Frühstück,
ich war noch im Schlafanzug, wollte ich nur noch meinen Kopf gegen eine Wand
schlagen bis zur Besinnungslosigkeit. Meine Ruhe wollte ich, und ein anderer
Mensch sein. Ich schämte mich so, fand aber auch keine Kraft mehr, mich zusammenzureißen
und wie ein vernünftiger Mensch zu benehmen. Fünf Tage und eine Nacht
Kindergeheule fast non-stop – es war genug.
Falko schickte mich zum Brötchenholen raus in den frischen
Schnee. Der lag auf allen Zweigen und Beeren, bedeckte Hundekot und
Silvesterüberreste, hüllte die Straßen und Häuser in Stille. Ich stapfte durch
das kalte Weiß und war dankbar für die frische Luft, für die Bewegung; endlich
konnte ich mich selber wieder spüren, die Müdigkeit ließ mich langsam, ganz
langsam los. Beim Bäcker ließ ich neben Mohnbrötchen und Schrippen auch ein
Buttercroissant einpacken. Als ich die Tür hinter mir schloss, begann ich zu
weinen.
Am Abend zuvor hatte ich den starken Drang verspürt, meine
schlafenden Kinder zu segnen, ihnen im Namen Jesu Heilung zuzusprechen. Ich
folgte dem Impuls, von dem ich annahm, er könnte vom Heiligen Geist stammen,
und war voll Vertrauen, die beiden am nächsten Morgen putzmunter und gesund
anzutreffen.
Dann kam alles anders. Auf eine harte Nacht folgte die
Erkenntnis, dass der Zustand der Kinder unverändert war – jedenfalls heulten
sie so durchdringend und ausdauernd wie gehabt. Und das verstand ich einfach
nicht! Ich verstand Gott nicht – warum ließ er mich so auflaufen? Warum hatte
er mir diese falsche Hoffnung gemacht, warum hielt er seine Zusagen nicht ein,
warum erhörte er meine Gebete nicht? Schon in den frühen Morgenstunden hatte
ich ihm all das im Müdigkeitsnebel stumm entgegengeschrien und ihn wüst
beschimpft. Nun, auf meinem einsamen weißen Marsch zurück nach Hause, blieb nur
noch eine Frage übrig, die ich ihm ins Angesicht schleuderte: „Wo bist du?!?“
Kaum hatte ich diesen Gedanken formuliert, erhielt ich auch
schon die Antwort: „Siehst du denn nicht, dass ich da bin? Schau dir die Schneeflocken
an, die vom Himmel herabschweben und die alle einzigartig sind, die Schönheit
der roten Beere im weißen Mantel, hörst du nicht diese heilige Stille –
verstehst du es nicht?“
Da wurde es endlich ruhig in mir.
Wir hatten trotzdem keinen perfekten Tag. Die Müdigkeit blieb
und das Heulen auch. Es war nicht sofort alles „gut“.
Aber Gott hatte gesprochen und diese Worte schenkten meinem
Herzen ein wenig Trost.
Das ist die Botschaft, die ich heute teilen möchte – die einzige,
die ich habe:
Gott ist da.
Er ist für dich.
Gott ist für dich da.
Am Wochenende habe ich mich immer wieder gefragt, was ich
hier eigentlich mache auf meinem Blog, wem ich eigentlich was erzählen will. Ich
fühlte mich wie eine Komplettversagerin, und wahrscheinlich war bin ich
das auch. Mir fehlte es an allem, an Geduld, Kraft, Liebe, Humor… Und während
mir der Geduldsfaden riss, mal wieder, und ich brüllte oder grob wurde oder den
Impuls verspürte, dieses heulende Kind samt Rotznase gegen die Wand zu
klatschen (diese armen, kranken Wesen, die eigentlich mein Mitgefühl verdient
hätten, das ich, hartherziger Mensch, jedoch nicht aufbringen kann, nicht mehr!), dachte ich manchmal bei
mir: Was wäre, wenn deine Blog-Leser dich jetzt so sehen könnten? Wenn sie
wüssten, wie du wirklich bist, wenn sie die ganze Hässlichkeit deines Wesens
erkennen würden, in diesem einen abgrundtiefen Moment…
Und ich kam mir ein bisschen wie eine Heuchlerin vor, denn
in letzter Zeit schien alles so tutti-frutti und wir bastelten eine Jahreszeientuhr
und ich machte eine lange bunte Liste mit Vorsätzen für das neue Jahr und
fühlte mich dabei irgendwie so supergeil.
Jetzt, am Wochenende, blickte ich wieder einmal in die
Abgründe meines Herzens und was ich sah, entsetzte mich. Ich stieß an meine
Grenzen, die sich so plötzlich und vollkommen unüberwindlich vor mir aufbauten,
und kapitulierte vor meiner eigenen Schwachheit. Ich habe noch nie darüber
geschrieben, aber in den ganz dunklen Momenten habe ich den Wunsch, mir selbst
Schmerzen zuzufügen, mich in kleine Stücke zu zerreißen und einfach nicht mehr
da zu sein.
Dieser Blog war eigentlich nie so gedacht, dass ich hier primär
tolle Rezepte teilen wollte und darstellen, was für eine super kreative,
wunderbare Mami ich doch bin (falls das doch irgendwann irgendwie so gewirkt
haben sollte, tut es mir leid – da ist meine Sehnsucht nach Bestätigung mit mir
durchgegangen) und was für ein überdurchschnittlich dankbares Leben ich führe.
Mein Wunsch für diesen Blog war vielmehr, Leben zu teilen und das, was mein
Leben ausmacht. Scheitern gehört dazu. Herumbrüllen gehört (leider) dazu.
Schnotternasen gehören dazu. Selbstmitleid gehört (zugegebenermaßen) dazu, und
so viel anderer Müll.
Und Jesus.
Ich habe nichts zu geben, und ich bin nicht schlauer oder
kreativer oder was-weiß-ich als all die anderen, im Gegenteil. Was ich tun
möchte, und wofür dieser Blog ja eigentlich da ist (von wegen GottNaheGlücklich und so…), hat mit
Selbstdarstellung nichts zu tun – es geht darum, das zu teilen, was Jesus in
meinem Leben tut. Zu seiner Ehre und, hoffentlich, zur Ermutigung derer, die
davon lesen.
Also ist es doch okay, dass ich für andere schreibe. Ich
mache niemandem etwas vor, höchstens mir selbst, aber die Realität holt mich
doch immer wieder ein und rückt mir den Kopf zurecht.
Dann falle ich und falle, falle tief, aber immer in Gottes Hand, und
dann richtet er mich wieder auf. Das ist es, was ich erlebe, und darüber
schreibe ich. Das ist es, worum es hier eigentlich geht.
Gott nahe zu sein ist mein Glück.
Sie haben Post...äh...Mail!Einen guten Start in die Woche!
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