Montag, 22. September 2014

Kochen macht glücklich!



Inzwischen denkt wohl wirklich niemand mehr, mein kugelrunder Bauch sei Folge exzessiven Schokoladenkonsums. Naja, bin ja auch schon im sechsten Monat. Dass ich gern esse, stimmt natürlich trotzdem. Und dass ich sogar noch ein bisschen lieber koche und backe. Am Wochenende habe ich es wieder gemerkt, was mich so richtig glücklich und zufrieden macht: Ein neues Rezept finden, mir die köstlichen Bilder anschauen, die Zutaten raussuchen, schnippeln, schneiden, raspeln, reiben, den Teig kneten bis er ganz geschmeidig ist, die samtige Creme rühren und mit fließenden Bewegungen auf dem Kuchenboden verteilen, abschmecken, kosten, probieren, mich vorfreuen – und dann: der erste Bissen. Oh ja, das ist wundervoll! Wirklich Glück pur. (Falko macht sich schon lustig über mich, dass ich so vom Rühren und Kneten schwärmen kann… aber die Ergebnisse verputzt er natürlich immer gern!)
Und so habe ich mich am Samstag so richtig ausgetobt: Zum Mittagessen gab es Polpette in Paprikasauce mit Nudeln (zugegebenermaßen ein Tim-Mälzer-Rezept… den finde ich eigentlich ja nicht so toll, aber dieses Rezept ist super. Habe mich fast ganz daran gehalten, nur die Pfefferschote ließen wir dem Kind zuliebe weg. Funktioniert tadellos, wird wieder gemacht.), am Nachmittag backte ich in drei Schritten die herrliche Weiße Trüffeltarte mit Himbeeren, und am Abend kochten wir die Kürbis-Mango-Suppe für den Sonntag vor und bereiteten nur für uns zwei Rosmarin-Kürbis auf Rucola mit Pflaumen-Vinaigrette zu. Himmlisch!
Lust bekommen?
Hier sind die Rezepte und Fotos:


Weiße Trüffeltarte mit Himbeeren 
nach Annik Wecker, mit eigenen Anpassungen - bei mir ist die Himbeerschicht dicker und die Schokoladencreme ein bisschen dünner...

Teig: 100g kalte Butter (in Stückchen) mit 70g (Puder)Zucker ,  1 Prise Salz , 1 Ei,  200g Mehl und 2 EL gemahlenen Mandeln zu einem glatten Teig verarbeiten. Teig  1 Stunde kühl stellen, dann in eine Tarteform geben. Um das Absinken des Randes zu verhindern, Form 30min tiefkühlen [das mache ich eigentlich nie, ist nicht unbedingt nötig].
Teig blind backen bei 175°C für 18min.
Hülsenfrüchte o.ä. und Backpapier entfernen, Boden abkühlen lassen.
Füllung: 500g Himbeeren mit 160ml Wasser, 120g Zucker, 2 TL Zitronensaft, 1 Prise Salz und 3 ½  EL Speisestärke verrühren. Unter Rühren aufkochen, und einige Minuten leicht köcheln lassen, bis die Masse eingedickt ist. Himbeerfüllung auf dem Boden verteilen, Tarte 30min kühl stellen.
Creme: 250g weiße Schokolade [gute Qualität zahlt sich aus. Ich habe diesmal die weiße Lindor-Schokolade von Lindt verwendet] hacken. 125ml Sahne unter Rühren aufkochen. Gehackte Schokolade mit der heißen Sahne übergießen und alles zu einer glatten Creme verrühren. Trüffelcreme auf die Himbeerfüllung gießen. Tarte nochmals 2 Stunden kühlen.





Kürbis-Mango-Suppe (für 3-4 Personen)
Diese Suppe ist super einfach, lässt sich schnell kochen und schmeckt einfach nur gut!

400g Hokkaido (ungeputzt 550g) putzen und in kleine Würfel schneiden. 1 reife Mango schälen, das Fruchtfleisch vom Kern schneiden und ebenfalls würfeln. 1 kleine Zwiebel schälen und hacken.
30g Butter in einem Topf zerlassen und die Zwiebel darin kurz andünsten. Kürbiswürfel hinzufügen und 2-3 Minuten mitbraten, anschließend mit 700ml Gemüsebrühe aufgießen und zugedeckt 5 Minuten köcheln lassen.
Mangowürfel und 200ml Kokosmilch dazugeben und alles noch einmal 6-8 Minuten köcheln lassen. Die Suppe zum Schluss fein pürieren und mit Ingwerpulver und Salz abschmecken.



Rosmarin-Kürbis auf Rucola mit Pflaumen-Vinaigrette (für 4 Personen als Vorspeise)
Eine interessante Kombination verschiedener Zutaten. Perfekt für mich: In der Schwangerschaft darf ich eigentlich keine Salami oder ähnliches essen – in diesem Rezept wird die Wurst aber angebraten und ist deshalb ok!

Die Pflaumen-Vinaigrette: ½ kleine Zwiebel schälen und fein hacken. Mit 2 EL Pflaumenmus, 4 EL dunklem Balsamico und 6 EL Olivenöl verrühren, mit Salz und Pfeffer abschmecken, beiseite stellen.
Weitere Vorbereitungen: 400g Hokkaido-Kürbis putzen, entkernen und waschen. In schmale Scheiben schneiden, diese dritteln. 1 säuerlichen Apfel (z.B. Boskop) waschen, entkernen, putzen und in schmale Spalten schneiden. 160g Chorizo (oder Paprikasalami) schräg in Scheiben schneiden. 125g Rucola waschen und ggf. putzen. 1 rote Paprikaschote ebenfalls waschen und putzen, in schmale Streifen schneiden.
2 EL Olivenöl in einer Pfanne erhitzen, die Kürbisspalten darin unter gelegentlichem Wenden braten, bis sie leicht gebräunt sind. In der Zwischenzeit die Paprikastreifen und den Rucola auf vier Tellern anrichten. Eine weitere Pfanne erhitzen, darin die Chorizo-Scheiben 2-3 Minuten bei mittlerer Hitze anbraten. Die Apfelspalten dazugeben und unter Rühren weitere 3-4 Minuten braten, bis der Apfel weich ist. Unterdessen den Kürbis mit Salz, Pfeffer und 4 TL Rosmarin würzen und 2-3 Minuten weiterbraten, bis er weich ist.
Apfelspalten, Chorizo und Kürbis auf den vorbereiteten Tellern verteilen, mit der Vinaigrette beträufeln.





Lasst’s euch schmecken, Kinder!

Dienstag, 9. September 2014

Hypothesen



Zu unserer Rechten wohnt eine junge Frau namens Melanie W.; vor fast zwei Jahren ist sie von München nach Berlin gezogen, aus beruflichen Gründen, wie sie uns berichtete. Und so leben wir seitdem Wand an Wand. Wir brachten ihr Kuchen vorbei, sie war sympathisch obwohl gefährlich attraktiv mit ihren Rehaugen und langen Beinen (wobei, meiner Meinung nach, ihre Attraktivität etwas geschmälert wird durch ihr auffälliges alveolar gerolltes R), und man unterhielt sich ab und zu im Treppenhaus. Zu Noemis Geburt bekamen wir von ihr ein Geschenk, obwohl wir uns ja kaum kannten, danach sahen wir uns irgendwie seltener.
Falko, der viel Wert auf gute nachbarschaftliche Beziehungen legt, machte vor einigen Monaten den Vorschlag, sich doch mal auf Kaffee und Kuchen zu treffen – eine Idee, die auch Melanie zuzusagen schien („Oh ja gern!“ + Lächeln + Augenkontakt = ehrliche Freude?). Wir verabredeten uns für den folgenden Sonntagnachmittag. Sie wollte backen, wir sollten dann einfach klingeln.
Der Sonntagnachmittag kam, wir klingelten (in leiser Vorfreude auf feines Gebäck, vielleicht eine Münchner Spezialität?), und warteten. Klingelten noch einmal, horchten an der Tür. Nichts. Dann gingen wir zurück in unsere Wohnung, etwas ratlos, und später spazieren, es war uns zu dumm.
Irgendwann begegneten wir uns wieder im Treppenhaus, beide Seiten verloren kein Wort über den Vorfall, grüßten und lächelten nur freundlich (wir vielleicht auch leicht irritiert). Sie wird uns wohl einfach vergessen haben, sowas kommt ja vor, dass man einen Termin verschwitzt.
Vor ein paar Tagen nun startete mein Mann, kontaktfreudig und kuchenaffin wie er ist, einen zweiten Versuch. Melanie reagierte erneut positiv („Oh ja, sehr gerne!“ + Lächeln + Augenkontakt), schlug wieder Sonntagnachmittag gegen 15 Uhr bei ihr vor, ja, sie würde etwas backen (yes!). Schön.
Sonntagnachmittag kam, wir keuchten nach dem Gottesdienst die Treppe hoch und waren gerade dabei, das Kind aus seiner Jacke zu befreien, als unsere Nachbarin klopfte und sich entschuldigte. Sie müssten noch eine Freundin vom Flughafen abholen, es würde wohl später werden. Wir glaubten nicht mehr recht daran, dass wir ihren „frisch gebackenen Kuchen“ würden kosten dürfen. Falko fuhr Kuchen holen. Und wir verschoben das nachbarschaftliche Treffen auf den nächsten Tag, Montagabend, vielleicht hätten wir da ja mehr Glück. Ja, wir bringen gern einen Salat mit. Und Kuchen hätte sie sowieso noch da.

Montag, kurz nach 18 Uhr, die ganze Familie kommt vom Wocheneinkauf zurück. Jetzt aber schnell, in einer halben Stunde sind wir verabredet (ach, wie naiv!). Auf der Treppe kommt uns Melanie entgegen. Sie müsse noch schnell einkaufen fahren, ob es in Ordnung wäre, unser Treffen auf halb acht, acht zu verschieben. Aber natürlich, uns ist alles recht, solange wir was zwischen die Zähne kriegen. Sie fragt noch, ob wir irgendwelche Vorlieben oder Unverträglichkeiten haben, worauf Falko sie auf meinen Babybauch aufmerksam macht. Sie gratuliert herzlich und macht sich auf den Weg. Ich wundere mich noch, dass sie gar keine Einkaufstaschen oder so dabei hat, eigentlich gar nichts außer Schlüssel und Smartphone (ach, sie wird Geld und Taschen im Auto haben).
Oben angekommen verstauen wir unsere Einkäufe, füttern Noemi und bereiten den Salat vor. Währenddessen lauschen wir, die Ohren gespitzt, ob wir ihren Schlüssel im Schlüsselloch hören können. Nichts. Es ist halb acht, sie ist noch nicht zurück. Wir unken ein bisschen herum, wie lange sie denn zum Einkaufen bräuchte, sie hätte ja nicht mal ein schreiendes Kind samt sperrigem Kinderwagen dabei…  Wir entschließen uns, Noemi bettfertig zu machen und dann schlafen zu legen. Können ja dann das Babyfon mit nach nebenan nehmen und ab und zu nach dem Kind sehen.
Zähnchen putzen, Lied singen, Luthers Abendgebet, gute Nacht. Ruhe im Schlafzimmer – ebenso wie im Hausflur. Melanie ist noch immer nicht zurück. Wir warten und fühlen uns ganz merkwürdig.
Ob ihr was zugestoßen ist? Ein Autounfall vielleicht? Eigentlich nicht so wahrscheinlich. Mir erscheint es logisch, dass sie einfach keine Lust auf uns hat – aber warum dann das ganze Theater mit der Einladung, dem Kuchen, der Frage nach Lebensmittelallergien? 

Wir sitzen im Wohnzimmer, mit inzwischen knurrenden Mägen, und spinnen Hypothesen: Ob sie einfach nur total verschusselt und verplant ist und jetzt seit zwei Stunden in ihrem Auto sitzt, sich fragend, wohin sie gleich wollte? (So kommt sie uns eigentlich gar nicht vor) Oder liegt eine psychische Erkrankung vor, eine Art Gäste-Phobie, eine multiple Persönlichkeit oder einfach nur Angst vor Keimen, die wir ihr in die Wohnung schleppen könnten? (Das würde man aber doch irgendwie bemerken, oder?) Vielleicht wurde sie unterwegs entführt? Oder hat ihren Traummann getroffen, bei Rewe an der Kasse. Möglicherweise sind wir Teil einer psychologischen oder sozialwissenschaftlichen Studie, unsere Wohnung wurde von ihr komplett verwanzt und sie beobachtet nun unsere Reaktion auf ihr von der Norm abweichendes Verhalten. Es wäre auch möglich, dass sie in Wirklichkeit ein Alien ist, oder zumindest von einem Alienparasiten befallen. Sie könnte eine Geheimagentin sein (dafür spricht, dass ihr Name nicht auf dem Klingelschild steht….). Ist sie vielleicht eine Edelprostituierte, die überraschend von einem Stammkunden gebucht wurde? Oder einfach nur eine Psychopathin, der es Spaß macht, Leute zu verwirren? 

Wir überlegen, ob wir sie zu sehr bedrängt oder gar mit unserem Verhalten (mit welchem genau?) verletzt haben könnten. Vielleicht hat sie gerade eine Trennung hinter sich, steckt voll im Liebeskummer und würde einen Abend zusammen mit einer glücklichen Familie nicht überstehen. Oder sie hat just an dem Tag erfahren, dass sie keine Kinder bekommen kann, eine medizinische Unmöglichkeit, und da bin ich, mit Babybauch… Hat sie sich bei Aldi zwischen den Regalen verlaufen und findet den Ausgang nicht mehr (es ist jetzt schon nach 20 Uhr, dann hätte man sie dort eingeschlossen und sie muss die Nacht zwischen Sauerkraut und Thunfischdosen verbringen). Könnte sie nicht von einem schwarzen Loch verschluckt worden sein, ausversehen die Tür zu einem Paralleluniversum geöffnet haben, hängt sie in einer Zeitschleife fest (à la: Und täglich grüßt das Murmeltier) oder wurde einfach von Außerirdischen entführt? Hat eventuell die Entrückung stattgefunden und wir wurden ZURÜCKGELASSEN?!?!?! Ist sie in einen offenen Gully gefallen? Hat sie durch den Zusammenprall mit einem Laternenmast ihr Gedächtnis verloren und weiß nun weder ihren Namen noch von unserer Verabredung? Liegt ihre Mutter in München im Sterben und sie musste sofort dorthin – da wir keine Telefonnummern ausgetauscht haben, kann sie uns nicht erreichen und absagen. Eine Havarie auf der Arbeit, und sie ist unabkömmlich? Ist sie womöglich Catwoman oder eine andere Superheldin und muss gerade unsere Erde vor der ultimativen Katastrophe retten? Oder sie ist tot, skelettiert bereits irgendwo vor sich hin, wie Falko vermutet.

Wie auch immer, ich habe Hunger. Acht Uhr ist lange vorbei. Wir schreiben ihr einen Zettel, dass wir etwas verwirrt sind und den Salat jetzt selber essen, und kleben ihn an ihre Wohnungstür. Die Mitbringselpflanze stellen wir dazu. Da wir den Salat ja schon vor über einer Stunde gemacht haben, ist das Abendessen schnell vorbereitet, wenigstens etwas.
Als wir gegen 22 Uhr ins Bett gehen (wir werden alt), sind Zettel und Pflanze noch unberührt, auch am nächsten Morgen. Wir überlegen, ab wann wir sie bei der Polizei als vermisst melden sollten, einfach um uns später keine Vorwürfe machen zu müssen, wenn Beamte die Nachbarn befragen…
Wir sitzen beim Frühstück und können uns einfach keinen Reim darauf machen. Zwischendurch springen wir auf und linsen durch den Türspion, aber es war nur der linke Nachbar, der sich auf den Weg zur Arbeit macht. Jetzt schnüffeln wir schon unbescholtenen Bürgern hinterher, so weit ist es mit uns schon gekommen!


Epilog:
Dieser Text wäre natürlich noch besser, wenn ich am Ende eine Lösung präsentieren würde, bei der sich jeder an den Kopf fasst und sich denkt: Warum seid ihr nicht gleich darauf gekommen?!
Das kann ich allerdings nicht. Zettel und Pflanze sind inzwischen verschwunden, wir müssen also nicht die Polizei einschalten (wobei, es könnte ja auch ihr Entführer gewesen sein, der mit ihrem Schlüssel in ihre Wohnung eingedrungen ist und mit dem Entfernen von Zettel und Pflanze den Anschein von Normalität wahren möchte….). Es ist und bleibt merkwürdig, oder?
Weitere Hypothesen dürfen gern eingereicht werden.

Epilog 2 (eine Woche später):
Gestern begegneten Falko und Noemi unserer Nachbarin völlig unverhofft im Supermarkt. Und es war sogar Melanie selbst, die die beiden ansprach (wie immer total offen und lächelnd). Es täte ihr sehr leid wegen letzter Woche. Während sie noch für unser gemeinsames Abendessen einkaufte, erreichte sie ein Anruf ihrer Mutter mit einer sehr schlechten Nachricht, die sie so beunruhigt habe, dass sie nicht mehr in der Lage gewesen sei, sich mit uns zu treffen. Sie habe die Nacht bei einer Freundin verbracht, uns aber ja leider nicht kontaktieren können. Und natürlich habe sie Lust, sich mit uns zu verabreden! 
Wir sind geneigt, ihr diese Geschichte zu glauben. Falkos Handynummer hat sie jetzt. Vielleicht werden wir uns tatsächlich eines schönen Tages in ihrem Wohnzimmer vorfinden, bei Kaffee und Kuchen. Wahrscheinlich ist das aber nicht...